Montag, 28. Dezember 2015

40: Kuriositätenkabinett 2015

Schönen guten Tag!

Das Jahr ist schon fast um, und als ich letztens in meinem Blog-Bild-Ordner den Unterordner mit dem Titel "Fundstücke" öffnete, durfte ich feststellen, dass da genug Material für ein Kabinett der sprachlichen Kuriositäten im Jahr 2015 zusammengekommen ist. Also los, hereinspaziert und viel Vergnügen mit meinem vierzigsten Post in mittlerweile 2 Jahren Sprachbeschreiber!

Wir sind sie alles andere als los, die Getrennt Schreibung. Dafür dürfen wir Sprachgourmets uns an solchen Missgeschicken erfreuen: Dass ausgerechnet ein Doktor mit Nachnamen Praxis heisst..! Wahrscheinlich gibt es bald auch reichlich Maler und Metzger, die zufälligerweise Meister heissen, Treuhänder, die den Nachnamen Büro tragen, und unsere Lebensmittel kaufen wir beim Unternehmen der Familie Geschäft ein.

Hat jemand von Ihnen Medizin studiert? Dann wüsste ich gern, wo wir am menschlichen Körper überall "Elektromuskeln" vorfinden und wie diese funktionieren. Den Bindestrich hätte man wohl besser woanders hingesetzt.










Beim Besuch des Lokals mit dieser Kuriosität auf der Speisekarte hatte ich noch mit den Nachwirkungen einer Magenverstimmung zu kämpfen. Schade, denn dieses ambitioniert gefüllte Cordon Bleu hätte ich nur schon aus reiner Neugier sehr gerne bestellt.

Wir verlassen das Restaurant und treten auf die Strasse. Und was begegnet uns da? Klassische Orthographiefehler. Ganz simpel und doch immer wieder erstaunlich. Fun Facts: Für "Parck" gibt Google 395'000 Treffer heraus. Der Google Translator erkennt das Wort als lettisches Pendant zum deutschen "Park". Der bekannteste Promi mit dem Namen "Parck" ist laut "wookiepedia" Voss Parck aus dem erweiterten Star Wars-Universum, "der imperiale Offizier, welcher Mitth'raw'nuruodo entdeckte und zum Imperator nach Coruscant brachte." Ich habe aber den leisen Verdacht, dass hier nichts davon gemeint war.
Eine Vorsetzung. Das könnte man sich als zusammenfassenden Begriff für einen Verbund von Vorsitzenden vorstellen. Folglich würde es sich hier um einen freischaffenden Bürgersteig handeln. Es herrscht anscheinend Anarchie im Baugewerbe, und die Bauwerke sind offenbar sehr stolz darauf, dass sie ihre eigenen Chefs sind.



Man kann sich heutzutage ja kaum mehr retten vor Wortspielen auf Plakaten. Hier eines, das mir etwas besser gefallen hat als der Durchschnitt. Schnitt. Haha. Oh nein, ich mache schon mit. Wenn ich in diesem Abschnitt weiter so die Klinge führe, steht die Zukunft auf Messers Schneide: Am Ende fange ich mir scharfzüngige Kommentar ein und schneide ich mir ins eigene Fleisch. Nein, ich kann's nicht lassen.

Der hier ist vom Basler Weihnachtsmarkt, bereits gepostet auf meiner Facebook-Fanpage. Ja, wohin nur mit dem verflixten Strichlein? Und "fraîche" zieht in der anglisierten Welt von heute halt den Kürzeren. So is it.

Ich habe dieses Jahr immer wieder gern die Facebook-Seiten "Kurioses aus der Presseschau" und "Perlen des Lokaljournalismus" besucht. Da sind oft sprachliche Ausrutscher zu sehen, so wie dieser herrliche Orthographiefehler, der im exakt richtigen Moment unterlief.

Hier noch eine Würdigung an dieses kleine sprachliche "Amuse Bouche" auf der Website der Versandapotheke Zur Rose. Irgendwo zwischen stilvoll und kindisch. Wunderbar.


Den Abschluss in meinem Kuriositätenkabinett 2015 macht dieses Bild, bereits bekannt aus Post #38. Es ist in diesem Kabinett gelandet, weil der Flexionsfehler darauf eins der bedeutendsten Phänomene in der Schweizer Sprachrealität des Jahres 2015 darstellt. Merken und sich die Regel nicht hinter die Ohren, sondern irgendwo hin schreiben, man sie auch hin und wieder sieht. Dankeschöön.


So, aus und vorbei! Ich darf wieder einmal daran erinnern, dass Zusendungen von Bildern wie diesen immer sehr willkommen sind. Dann bleibt mir nur noch, einen guten Rutsch zu wünschen. Für die, die noch nicht wissen, warum man das (wahrscheinlich) sagt:

"Möglicherweise handelt es sich um eine Eindeutschung des jiddischen "guten rosch". Jiddisch war/ist - vereinfacht ausgedrückt - die Umgangssprache vor allem europäischer Juden. Hervorgegangen aus dem Deutschen, enthält es Elemente osteuropäischer Sprachen, aber natürlich auch des Hebräischen, weil letzteres sozusagen die Muttersprache der Juden ist. Im Falle des guten Rutsches wird "rosch" auf das jüdische Neujahrsfest "rosch ha-schana" zurückgeführt, wobei das hebräische "rosch" für Kopf oder Haupt steht. Allerdings begehen Juden das Neujahrsfest zumeist im September (das genaue Datum wechselt jährlich). Daher ist es auch gut möglich, dass der gute Rutsch noch unspektakulärer einfach nur auf das Verb rutschen zurückzuführen ist und ein sanftes Hinübergleiten ins neue Jahr gemeint ist." (www.redensarten.net)

Also dann, slide well und bis im neuen Jahr! Alles Gute wünscht

-Der Sprachbeschreiber

Montag, 14. Dezember 2015

39: "Der Hund starb - was er nicht überlebte" - Meine Favoriten Teil 1

So, was machen wir denn heute? Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen was Unterhaltsames "vorlese" bzw. "vorschreibe", wobei Letzteres schon eine in diesem Zusammenhang unpassende Bedeutung hat? Ich habe mir da kürzlich nämlich ein witziges Buch gekauft. Es trägt den klingenden Namen "Der Hund starb - was er nicht überlebte" und ist eine Sammlung aus 20 Jahren Schreibwettbewerb "Klub der jungen Dichter", an dem Fünft- bis Neuntklässler aus der Schweiz teilnehmen. "Es gibt eine Art von Komik, die nur spontan und unfreiwillig entsteht. Und dann gibt es Formulierungen, auf die nur junge Menschen kommen können", beschreibt der Klappentext treffend die Art von Unterhaltung, die die Lesenden im Buch erwartet: Kleine Schreib- und Grammatikfehler und einfach herrliche Stilblüten. Ich will Ihnen nun zeigen, welche Textausschnitte mir besonders gut gefallen haben. Da das Einige sind, werde ich das in mehreren Teilen tun. Gute Unterhaltung mit Teil 1!

P.S. Das Buch enthält auch viele Sätze, die einfach inhaltlich witzig sind, aber sprachlich (formell) nicht sonderlich auffallen. Diese Sätze habe ich nicht berücksichtigt - ich zeige meinen Lesenden nur sprachliche "Originalität", keine Inhaltliche (auch wenn diese natürlich genauso witzig sein kann!).

"Seine Familie war Bauer."

"Die zwei liefen nebeneinander, Hand in Hand in Hand."

"Lina hat sich voll verknallt. Ihr Verknallter heisst Marco."

"Mit seinen leuchtenden Augen ist er der 'King of Frauenheld'."

Was den jungen Leuten oft passiert, ist, dass sie die idiomatischen Gepflogenheiten bei metaphorischen Konstrukten noch nicht ganz erfasst haben und eigene, zum Schreien komische Metaphern zusammenbasteln:

"Er zerbrach die Gitterstäbe, als wären sie aus Butter."

"Daniel machte Susanne den Hof wie ein räudiger Hund."

"Mein Vater ist ein hohes Streitross in der Regierung."

"Und auf einer modrigen Bank funkelte es zwischen ihnen."

"Er war schön. So schön wie die Faust auf's Auge."


Und natürlich kann immer wieder einmal ein Orthographiefehler genau im falschen Moment passieren:

"Vater hatte uns eine Woche Las Vegas gebucht. Was für eine Überarschung!"

Eins meiner Lieblingsphänomene: Manchmal ist ein Wort oder eine Wendung noch neu im Wortschatz und entsprechend noch nicht genaustens bis ins Detail gespeichert, woraus eine leicht falsche Verwendung resultiert:

"'Mann, küsst du aber schlecht!', sagte sie mit Abschaum in der Stimme."

"Ich küsste ihn scheu auf die Wange. Alle auf dem Pausenplatz schauten uns romantisch an."

"Schmetterlinge häuften sich in meinem Bauch an."

"Die Menschen bekamen einen sehr grossen Schreck in die Hosen."

"Die Liebe kennt keine Horizonte."

"Ich öffnete die Kiste, und ein Buch kullerte heraus."

"Der Käse fiel aus dem zweiten Stock und zersplitterte."

"Sarah, du siehst hinreizend aus."

"Sie näherten sich und - blub - küssten sie sich."

"Die Lehrerin teilte mir mit, dass ich die Klasse überholen musste."

"Ich bin ein Naturschutzbekämpfer."

"Da überquerte ihn eine bildschöne Frau."

"Nach diesem Tag war ich wieder im gewöhnlichen Alltagstrotz."

"Er küsste sie auf den ersten Blick."

"Sie sexten miteinander, und Frau Gerber wurde schwanger."

"Weisst du, das liegt an der Klimaerkältung!"

"Bist du eigentlich nicht ganz gestört?"

"Mario, das Luder, hat eine andere geküsst."

"Der Lehrer begrüsste uns, nachdem er das Zimmer eingetreten hatte."

"Am Morgen der Mathiprüfung hatte ich plötzlich das Gefühl, dass heute etwas Abstraktes passieren würde."


"Vanessa ist die Schönste der Klasse und wird von vielen Jungs angebettelt."

"So der Vater wie der Sohn."

"Ich öffnete die beiden Truhen. In der ersten war das Hochzeitskleid meiner Mutter, in der zweiten das meines Vaters."

"Da dachte Nina nach, ob sie biosexuell ist."

"Sie hat blaue Augen und ein schönes Haar."

"Dann machten sie Schlechtverkehr."


Und dass es Schweizer Kinder sind, die hier schreiben, bemerkt man an Passagen wie diesen, wo sie als freie Übersetzer neue Wörter kreieren:

"Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht Bürstchen sagen, sondern Junge."

Jeder Rhetoriker weiss um die Wichtigkeit von Wiederholungen:

"Meine Eltern hatten nie etwas mitbekommen. Geschweige denn etwas bemerkt."

Hin und wieder entsteht auch eine "oxymoronische" Konstruktion:

"Wieso kündigt Herr Pfunder einen unangekündigten Test eigentlich an?"

"Die Mutter kam ins Gefängnis. Der Vater und der Sohn lebten traurig und glücklich weiter."

"Plötzlich kamen die Freunde von Nelson: 'Was! Du küsst ein Mädchen? Iiiih, wie schwul!!!'".

"An der Beerdigung des Grossvaters waren alle Verwandten. Sie feierten sehr traurig."

"Ich war schon oft verliebt. Aber noch nie verknallt!"


:'D Wunderbar, nicht? Dann freuen Sie sich schon einmal auf die Fortsetzung!

Mit besten Adventsgrüssen

- Der Sprachbeschreiber

Montag, 16. November 2015

38: 1 kleine Schwierkeit

Nanana. Ein wenig verwirrt, liebe Schweiz? Hat der Wahlkampf die Klarheit der Gedanken beeinträchtigt? Ist es der Jahreszeitenwechsel? Eben war es noch warm, jetzt frieren wir, und sinnbildlich dafür liegt im SPAR neben dem Weihnachtsgebäck die Haribo Goldbären-Sommeredition im Regal. Letztgenanntes Phänomen ist ja aber eigentlich nichts allzu besonderes mehr - bald wird die "Verganzjährlichung" der Saisons Tatsache sein und die Detailhändler werden die Weihnachtsmänner und die Osterhasen das ganze Jahr nebeneinander in die Auslage stellen. Wir leben ja in der Ära der Toleranz, der Postmoderne, und da käme es einem Skandal gleich, Menschen rücksichtslos zu diskriminieren, die im Sommer Christbaumkugeln in ihren Garten hängen und im Winter in diesem grillieren wollen! Aber ich schweife ab. Die Schweiz scheint mir verwirrt, sagte ich. Grund dafür ist Folgendes:

Als ich dieses Schild sah, dachte ich: 'Naja, Lidl, das steht nicht gerade für Gymnasiasten und Germanisten... Kann ja mal passieren.' Aber irgendwie schwante mir schon, dass ich es hier vielleicht doch nicht mit einem Einzelfall zu tun hatte. Und prompt stach mir dann einige Tage später dieses Inserat in die Augen:

In meinem Kopf war in diesem Moment Folgendes zu hören:

Jetzt war die Lage ernst. Die Regeln der Korpuslinguistik besagen ganz simpel und logisch: Wiederholt sich ein Phänomen in der untersuchten Textmenge mehrmals, so ist es als grundsätzlich relevant für den untersuchten Diskurs zu werten. Auf meiner neu gegründeten Facebookseite warnte ich, wenn ich in nächster Zeit noch einmal auf dieses Phänomen treffen würde, gäbe es einen Blogeintrag dazu. Und es dauerte nicht lange (Danke Céline):


Also, liebe Schweiz. Nach meinem ersten Aufschrei aufgrund einer grammatischen Vernachlässigung trete ich nun wieder in der Rolle des Deutschlehrers und pedantischen Linguisten vor dich. Wenn wir einEN unbestimmtEN Artikel im Akkusativ vor ein männliches Nomen stellen, dann flektieren wir diesen, indem wir das Suffix -en anhängen. Einfach veranschaulicht: Man trägt "EIN T-Shirt", aber "einEN Hut". Man hat "KEIN Mitleid", aber "keinEN blassen Schimmer". Soweit die Grammatik.

Ich hielt dann in meiner Neugier auch noch eine Weile lang auf Facebook die Augen offen und fand diesen Fehler in regelmässigen Abständen in den verschiedensten Threads. Und sofort wurde mir klar, dass nicht nur wir Schweizer damit kämpfen. In Deutschland scheint der Fehler sogar schon fast Kultstatus erreicht zu haben: Die Facebookseite "Nachdenkliche Sprüche mit Bilder" macht sich mit ihren Posts über die ach so tiefgründigen Statusmeldungen mancher User lustig und verwendet den Fehler nicht nur ganz gezielt als "Stilmerkmal", sondern geht sogar noch einen Schritt weiter und ersetzt den unbestimmten Artikel durch eine Zahl, weswegen man annehmen muss, dass selbst das mittlerweile zur Mode wird:


Wie konnte es nun zu dieser Mode kommen? Speziell in der Schweiz könnte als Ursache angeführt werden, dass die Flektierung im Schweizerdeutschen sehr undeutlich ist. Im Baseldeutschen ist alles "e": "I ha e Döner gässe." In Zürich gibt's immerhin noch das n dazu: "Ich han en Frosch küsst." Da kann es verständlicher scheinen, dass sich die Regeln beim einen oder anderen nicht so leicht einprägen. Der Hauptgrund dürfte aber in den Eigenschaften der Mündlichkeit liegen: Das -en ist ein Suffix, das man bei gesprochenem Hochdeutsch kaum mehr hört: "Alta, haste dir eansthaft n' Hund gökauft?"

Wenn ich ganz ehrlich bin, halte ich das ganze Genus-Gehabe im Deutschen eigentlich für ziemlich unnötig, auf Englisch geht's ja auch ohne dass man Artikel anpassen muss, nur weil mal jemand beschlossen hat, dass ein Traktor männlich sein soll, eine Tanne weiblich und ein Tablett sächlich. Vielleicht wäre es ja gar nicht so schlecht, wenn sich das 1 durchsetzen sollte (und vor allem witzig!). Leuten mit Migrationshintergrund sind unsere Artikel und Präpositionen so schleierhaft, dass sie sie oft einfach weglassen (Ich ha Kolleg troffe und mir sin Kino gange). Wir würden also auch etwas für die Integration tun.

Grundsätzlich ist aber Vorsicht geboten: Wenn man das logisch weiterdenkt, könnten wir anfangen, noch konsequenter so zu schreiben, wie wir sprechen. Das müsste sehr geregelt ablaufen, weil jeder ein wenig anders spricht und die deutsche Sprache dann zum bunten Spielplatz der unbegrenzten Möglichkeiten avancieren würde und kein interhumanes, zugänglich normiertes Kommunikationsmittel mehr wäre. Jeder dürfte die Textfelder dieser Welt als Staffelei für seinen Idiolekt betrachten, und das wäre der Kommunikation letzten Endes abträglich*. Wail wen isch dan finde, das isch so schbreche, dan kan isch schraiben wi isch wil, egal wen es jemant ferwirt. Am Ende ist es für alle am besten, wenn es allgemeingültige Regeln gibt.

In diesem Sinn wünsche ich Ihnen noch 1 schöner Tag!

-Der Sprachbeschreiber

*= Im Schweizerdeutschen tun wir hingegen genau das ständig: Anhand unserer Vorstellungen, wie die Sprache klingt, verschriftlichen wir sie, jeder etwas anders. Das wäre auch mal noch ein spannendes Thema...

Montag, 2. November 2015

37: Gastartikel - Shepherds Swisscom-Standpauke

Grüeziwohl!

Ich weile derweil ferienhalber in Wales und geniesse das British English, den neuen Dialekt und die Beschriftungen in Welsh um mich herum. Deshalb lasse ich heute gewissermassen jemand anderen die Arbeit machen: Ich präsentiere einen Text von meinem geschätzten Cousin, der als Shepherd Goodspeed bekannt ist und bereits verschiedentlich als Blogger aktiv war. Ich hatte ihn schon länger als möglichen Gastautor auf der Liste. Derzeit gibt es gelegentlich eine seiner stilvollen Wutschriften bei "Corpus Delicti" zu lesen, wo auch ich schon einmal Gastautor war. Einen dieser Texte darf ich meiner Leserschaft nun zuführen - passt er doch glänzend in mein Fachgebiet. Verfasst wurde der Text letzten August. Wer den angesprochenen Werbespot von Swisscom noch nicht kennen sollte, schaue sich das unten eingefügte Video an. Viel Vergnügen!


Swisscom-Werbeslogan


Sehr geehrte Damen und Herren,

Gerne wollte ich Ihnen eine allgemeine (und auch eher triviale) Anfrage zukommen lassen.
Gerade eben habe ich zum ersten Mal den Werbespot für 'Swisscom TV 2.0' von Martin
Werner gesehen, der seit September vergangenen Jahres ausgestrahlt wird. 

In diesem Spot, den Sie zweifelsohne kennen werden, wird allem Anschein nach die
Schlacht bei Carrhae zwischen den Parthern und den Römern dargestellt, die sich mit
dem Säbelrasseln jedoch gedulden müssen, bis Nico - der Observierende - einige andere
Aktivitäten seines täglichen Lebens vollendet hat.

Jedoch ist dies in meiner Anfrage nur nebensächlich. Ich werde Ihnen nun den Slogan, um
den es hierbei geht, noch einmal zeigen:



Auch Ihnen dürfte bereits der Klang dieses Satzes seltsam vorkommen - irgendetwas
stimmt dabei nicht, oder? Und obwohl ich Ihnen keinesfalls unterstellen möchte, es nicht
selbst herausgefunden zu haben, werde ich es Ihnen aufzeigen:

-"Am unterhaltsamsten" ist der Superlativ der Wortes "unterhaltsam".
-Um mich in einer "unterhaltsameren" oder sogar einer "unterhaltsamsten" Schweiz
  willkommen zu heissen, bräuchte es mindestens ein Vergleichsobjekt mit dem exakt       
  selben Namen.
-Es gibt bekanntlich nur eine einzige Schweiz auf der Welt (Switzerland in South Carolina, 
 USA zählen wir nicht).

Das ist, wie wenn Sie sagen würden: "Willkommen im ärmsten Afrika der Welt!", oder "Wie
gefiel es Dir am kältesten Südpol der Welt?"

Entweder ist es das "ärmste Land der Welt" oder es ist "Afrika". Es ist der "kälteste der
beiden Pole" oder "der Südpol". Das lässt sich nicht vermischen!

Wäre es nicht um einiges besser gewesen, für die "unterhaltsamste Welt der Schweiz" zu
werben? Damit könnte man ja leben, da die Erfahrung "Swisscom 2.0" fast schon eine
eigene Fernsehwelt darstellen kann, in der man entdeckt, stöbert, oder einfach mal
entspannt! Abgesehen davon wäre dies ein verständliches und logisches Wortspiel.

Nun, ich mache mir nur deshalb die Mühe eines solch langen Textes, weil mir etwas daran
liegt, zumindest in kleinem Stil gegen genau diese Slogans vorzugehen, die mir das
Gefühl geben, ein Idiot zu sein. Ich bin mir bewusst, dass sich seit der Entwicklung der
Sprache eine Menschenmenge mit simplen, deutlichen und polarisierenden Sprüchen
beeinflussen lässt - die Beispiele in der Geschichte sind genauso zahlreich wie tragisch.

Dies ist wahrscheinlich vergebens, aber ein Versuch ist es allemal wert: 
Bitte, bitte senken Sie Ihr Niveau nicht auf Media Markt-Ebene! Abgesehen davon, dass
Sie von vielen, die den Fehler in Ihrem Slogan entdecken belächelt werden, fühlt man sich
als normal denkender Mensch wie Vieh behandelt, dem man alles zum Frass vorwerfen
kann - auch linguistische Eskapaden wie diese. 

Es ist mir auch deshalb ein Anliegen, da ich ansonsten eine hohe Achtung vor Ihrem
Betrieb habe und seit meinem fünfzehnten Lebensjahr (dem Jahr 2000) Ihr treuer Kunde
bin.

Ich würde mich ausserordentlich über eine Stellungnahme Ihrerseits freuen und wünsche
Ihnen ein schönes Wochenende,

- Shepherd Goodspeed