Montag, 14. Dezember 2015

39: "Der Hund starb - was er nicht überlebte" - Meine Favoriten Teil 1

So, was machen wir denn heute? Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen was Unterhaltsames "vorlese" bzw. "vorschreibe", wobei Letzteres schon eine in diesem Zusammenhang unpassende Bedeutung hat? Ich habe mir da kürzlich nämlich ein witziges Buch gekauft. Es trägt den klingenden Namen "Der Hund starb - was er nicht überlebte" und ist eine Sammlung aus 20 Jahren Schreibwettbewerb "Klub der jungen Dichter", an dem Fünft- bis Neuntklässler aus der Schweiz teilnehmen. "Es gibt eine Art von Komik, die nur spontan und unfreiwillig entsteht. Und dann gibt es Formulierungen, auf die nur junge Menschen kommen können", beschreibt der Klappentext treffend die Art von Unterhaltung, die die Lesenden im Buch erwartet: Kleine Schreib- und Grammatikfehler und einfach herrliche Stilblüten. Ich will Ihnen nun zeigen, welche Textausschnitte mir besonders gut gefallen haben. Da das Einige sind, werde ich das in mehreren Teilen tun. Gute Unterhaltung mit Teil 1!

P.S. Das Buch enthält auch viele Sätze, die einfach inhaltlich witzig sind, aber sprachlich (formell) nicht sonderlich auffallen. Diese Sätze habe ich nicht berücksichtigt - ich zeige meinen Lesenden nur sprachliche "Originalität", keine Inhaltliche (auch wenn diese natürlich genauso witzig sein kann!).

"Seine Familie war Bauer."

"Die zwei liefen nebeneinander, Hand in Hand in Hand."

"Lina hat sich voll verknallt. Ihr Verknallter heisst Marco."

"Mit seinen leuchtenden Augen ist er der 'King of Frauenheld'."

Was den jungen Leuten oft passiert, ist, dass sie die idiomatischen Gepflogenheiten bei metaphorischen Konstrukten noch nicht ganz erfasst haben und eigene, zum Schreien komische Metaphern zusammenbasteln:

"Er zerbrach die Gitterstäbe, als wären sie aus Butter."

"Daniel machte Susanne den Hof wie ein räudiger Hund."

"Mein Vater ist ein hohes Streitross in der Regierung."

"Und auf einer modrigen Bank funkelte es zwischen ihnen."

"Er war schön. So schön wie die Faust auf's Auge."


Und natürlich kann immer wieder einmal ein Orthographiefehler genau im falschen Moment passieren:

"Vater hatte uns eine Woche Las Vegas gebucht. Was für eine Überarschung!"

Eins meiner Lieblingsphänomene: Manchmal ist ein Wort oder eine Wendung noch neu im Wortschatz und entsprechend noch nicht genaustens bis ins Detail gespeichert, woraus eine leicht falsche Verwendung resultiert:

"'Mann, küsst du aber schlecht!', sagte sie mit Abschaum in der Stimme."

"Ich küsste ihn scheu auf die Wange. Alle auf dem Pausenplatz schauten uns romantisch an."

"Schmetterlinge häuften sich in meinem Bauch an."

"Die Menschen bekamen einen sehr grossen Schreck in die Hosen."

"Die Liebe kennt keine Horizonte."

"Ich öffnete die Kiste, und ein Buch kullerte heraus."

"Der Käse fiel aus dem zweiten Stock und zersplitterte."

"Sarah, du siehst hinreizend aus."

"Sie näherten sich und - blub - küssten sie sich."

"Die Lehrerin teilte mir mit, dass ich die Klasse überholen musste."

"Ich bin ein Naturschutzbekämpfer."

"Da überquerte ihn eine bildschöne Frau."

"Nach diesem Tag war ich wieder im gewöhnlichen Alltagstrotz."

"Er küsste sie auf den ersten Blick."

"Sie sexten miteinander, und Frau Gerber wurde schwanger."

"Weisst du, das liegt an der Klimaerkältung!"

"Bist du eigentlich nicht ganz gestört?"

"Mario, das Luder, hat eine andere geküsst."

"Der Lehrer begrüsste uns, nachdem er das Zimmer eingetreten hatte."

"Am Morgen der Mathiprüfung hatte ich plötzlich das Gefühl, dass heute etwas Abstraktes passieren würde."


"Vanessa ist die Schönste der Klasse und wird von vielen Jungs angebettelt."

"So der Vater wie der Sohn."

"Ich öffnete die beiden Truhen. In der ersten war das Hochzeitskleid meiner Mutter, in der zweiten das meines Vaters."

"Da dachte Nina nach, ob sie biosexuell ist."

"Sie hat blaue Augen und ein schönes Haar."

"Dann machten sie Schlechtverkehr."


Und dass es Schweizer Kinder sind, die hier schreiben, bemerkt man an Passagen wie diesen, wo sie als freie Übersetzer neue Wörter kreieren:

"Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht Bürstchen sagen, sondern Junge."

Jeder Rhetoriker weiss um die Wichtigkeit von Wiederholungen:

"Meine Eltern hatten nie etwas mitbekommen. Geschweige denn etwas bemerkt."

Hin und wieder entsteht auch eine "oxymoronische" Konstruktion:

"Wieso kündigt Herr Pfunder einen unangekündigten Test eigentlich an?"

"Die Mutter kam ins Gefängnis. Der Vater und der Sohn lebten traurig und glücklich weiter."

"Plötzlich kamen die Freunde von Nelson: 'Was! Du küsst ein Mädchen? Iiiih, wie schwul!!!'".

"An der Beerdigung des Grossvaters waren alle Verwandten. Sie feierten sehr traurig."

"Ich war schon oft verliebt. Aber noch nie verknallt!"


:'D Wunderbar, nicht? Dann freuen Sie sich schon einmal auf die Fortsetzung!

Mit besten Adventsgrüssen

- Der Sprachbeschreiber